Jahresbericht 2021

Die Intensivpflegestation – Ort ständig wechselnder Momentaufnahmen

Seit dem Ausbruch der Pandemie steht unter allen Abteilungen des Spitals Muri speziell die Intensivpflegestation (IPS) im Brennpunkt des Interesses. Sechs Pflegeplätze in drei Kojen stehen in unserer von der Schweizerischen Gesellschaft für Intensivmedizin (SGI) zertifizierten IPS zur Verfügung, zwei Pflegeplätze wurden für die Isolation von Covid-Patienten eingerichtet.

Gespräch mit Dr. med. Cornelia Villiger,
Leitende Ärztin Anästhesie / Intensivstation

Die Intensivpflegestation des Spitals Muri bietet ein breites Leistungsspektrum. Garantiert werden hier Grundpflege, Überwachung, Beatmung, Ernährung, Ableitung von Ausscheidungen, Lagerung und Mobilisation, Diagnostik, Schmerz- und Palliativtherapien. Die IPS ist eine interdisziplinäre Station und wird von ärztlichen und pflegerischen Fachexpertinnen und Fachexperten der Intensivmedizin gemeinschaftlich geführt.

Wie weitere Abteilungen des Spitals Muri arbeitet auch die IPS schwergewichtig mit dem Kantonsspital Baden (KSB) zusammen: «Bringt uns die Zahl eingelieferter oder verlegter Patientinnen und Patienten an eine Kapazitätsgrenze, richten wir unsere Anfrage zuerst ans Kantonsspital Baden», erläutert die Leitende Ärztin Anästhesie und Intensivmedizin, Dr. med. Cornelia Villiger, die Situation. Umgekehrt weise das KSB Patientinnen und Patienten im Fall eines Platzmangels nach Muri zu. Darüber hinaus ist aber der Stellenwert der Abteilung für die weitere Region nicht zu unterschätzen: «Die IPS des Spitals Muri übernimmt eine Entlastungsfunktion für die Intensivpflegestationen grösserer Spitäler.»

Dr. med. Cornelia Villiger, Leitende Ärztin Anästhesie / Intensivstation

Zwei Pflegeplätze für Covid-Patienten reserviert

Weil nun Covid-19 auch vor dem Spital Muri nicht Halt machte, wurden zwei der sechs Betten, eine von drei Kojen, speziell für Corona-Patienten reserviert. Die beiden Pflegeplätze wurden für die notwendige Isolation vorbereitet. Eine Isolation bedeutet, dass die Behandlung und Betreuung unter erschwerten Bedingungen gewährleistet werden muss. «Stellen wir fest, dass unsere Kapazitäten oder die technische Infrastruktur nicht ausreichen, suchen wir nach einem geeigneten Spital für die Verlegung», erläutert Dr. Cornelia Villiger.

Die IPS des Spitals Muri verfügt zwar über sechs Pflegeplätze, technisch ausgerüstet ist sie jedoch nur mit drei Beatmungsgeräten. Dies kann gerade in Zeiten von Corona zu Engpässen führen. «Ein Covid-Patient, der in einer IPS liegt, ist fast immer auf ein Beatmungsgerät angewiesen», erinnert Dr. Cornelia Villiger, die seit 2017 in Muri als Leitende Ärztin Anästhesie und Intensivmedizin tätig ist. Entsteht ein solcher Engpass, muss das IPS-Team eine externe Lösung suchen. Wiederholt mussten Betroffene beispielsweise ins Unispital nach Zürich verlegt werden.

Es ist selbstredend, dass die Arbeit in einer IPS personalintensiver ist als in anderen Abteilungen. Mit der dritten Infektionswelle im Frühjahr 2021 akzentuierte sich diese Situation. Wer in einer isolierten Koje arbeitet, trägt spezielle Kleidung und kann nicht alle notwendigen Medikamente gleichzeitig mitnehmen. Mindestens eine zweite Pflegefachperson übernimmt die entsprechenden Handreichungen. Für solche Arbeitsabläufe wurden vorübergehend Pflegekräfte aus anderen Abteilungen eingesetzt.

Zurück zu einer geordneten Operationstätigkeit

Nachdem sich die Situation an der Covid-Front im Frühjahr 2021 zunehmend entspannt hat, konnte das Team der Anästhesie und Intensivmedizin zu einem geordneten Operationsprogramm zurückkehren. «Jeweils am Nachmittag des Vortages beurteilen wir mit den Chirurgen, ob die geplanten Operationen durchgeführt werden können oder ob möglicherweise Patientinnen und Patienten auf der Intensivstation eine postoperative Behandlung benötigen und eine Operation allenfalls verschoben werden muss», erklärt Dr. Cornelia Villiger den Ablauf.

Obwohl die relative Normalität wieder eingekehrt ist, muss die IPS Covid-Patienten weiterhin in der separaten Koje fachgerecht behandeln und betreuen können. Hier bleiben alle Beteiligten flexibel. Die nicht mehr als Covid-Zimmer genutzte Koje wird grundgereinigt und kann nach der mehrstündigen Einwirkung des Desinfektionsmittels wieder als ordentlicher IPS-Pflegeplatz genutzt werden. Wird wiederum eine Covid-Betroffene oder ein Covid-Betroffener eingeliefert, muss die Situation neu beurteilt werden.

Fehlt die Möglichkeit, eine Patientin oder einen Patienten, der keine intensivmedizinische Betreuung mehr benötigt, auf die Abteilung zurückzuverlegen, wird eine Verlegung in ein anderes Spital abgeklärt. Am Tag des Gesprächs mit Dr. Cornelia Villiger beispielsweise sind alle IPS-Betten belegt, es besteht kurzfristig keine Möglichkeit, einen Erkrankten, Verunfallten oder einen Covid-Betroffenen aufzunehmen. «Jede Situation in einer Intensivpflegestation ist eine Momentaufnahme, zwei Stunden später kann es ganz anders aussehen», betont Dr. Cornelia Villiger.

Dr. med. Cornelia Villiger, Leitende Ärztin Anästhesie / Intensivstation;
Dr. med. Rolf Ensner, Leitender Arzt Anästhesie / Intensivmedizin; Monika Schard Guyer, Stationsleitung Intensivpflege.

Täglicher Austausch zwischen Spitälern

Mit dem Beginn der Pandemie vor zwei Jahren wechseln diese Momentaufnahmen noch schneller. Um jederzeit Herr der Lage zu sein, informieren sich die Intensivpflegestationen des Spitals Muri, der Kantonsspitäler Aarau und Baden und der Hirslandenklinik Aarau gegenseitig am Morgen und Abend über die jeweilige Zahl der Covid-Patientinnen und -Patienten, der Intensiv-Patientinnen und -Patienten und über die Anzahl der noch zur Verfügung stehenden Intensivpflegebetten.

«Weil es in Einzelfällen sehr zeitaufwändig sein kann, für eine Intensiv-Patientin oder -Patienten überhaupt einen Pflegeplatz zu finden, ist dieser ständige Austausch sehr wichtig», zieht Dr. Cornelia Villiger Bilanz. Eigentlich überflüssig zu erwähnen, dass es gerade diese Koordinationsabsprachen im Hintergrund sind, welche Leben retten können.